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Théophile Gautier – Emaille und Kameen (1811–1872)
Geheime Affinitäten – Pantheistisches Madrigal

Théophile Gautier
„Dans le fronton d'un temple antique,
Deux blocs de marbre ont, trois mille ans,
vor dem blauen Hintergrund des attischen Himmels,
ihre weißen Träume nebeneinander;
In derselben Perlmuttfarbe erstarrt,
Tränen der Wellen, die um Venus weinen,
Zwei Perlen, in den Abgrund getaucht,
sagten sich unbekannte Worte;
Im kühlen Generalife erblühten
Unter dem immer weinenden Wasserstrahl
Zur Zeit Boabdils zwei Rosen
Zusammen ließen sie ihre Blüten sprechen;
Auf den Kuppeln Venedigs
Zwei weiße Tauben mit rosigen Füßen,
Im Nest, wo die Liebe ewig währt,
Haben sich an einem Maiabend niedergelassen.
Marmor, Perle, Rose, Taube,
Alles löst sich auf, alles zerfällt;
Die Perle schmilzt, der Marmor fällt,
Die Blume verwelkt und der Vogel fliegt davon.
Beim Abschied geht jedes Teilchen
In den tiefen Schmelztiegel
Um den universellen Teig zu vergrößern
Aus dem Gott Formen gießt.
Durch langsame Verwandlungen
Der weiße Marmor zu weißem Fleisch,
Die rosa Blumen zu rosa Lippen
Werden in verschiedenen Körpern neu geschaffen.
Die Turteltauben gurren erneut
Im Herzen zweier junger Liebender,
Und die Perlen formen sich zu Zähnen
zum Schmuckstück für bezauberndes Lachen.
Daraus entstehen diese Sympathien
mit ihrer überwältigenden Sanftheit,
durch die sich die weisen Seelen
überall als Schwestern erkennen.
Fügsam dem Ruf eines Duftes
Eines Strahls oder einer Farbe,
Fliegt das Atom zum Atom
Wie die Biene zur Blume.
Man erinnert sich an die Träumereien
Auf dem Giebel oder im Meer,
An die blumigen Gespräche
Am klaren Brunnen,
Von Küssen und Flügelschlägen
Auf den Kuppeln mit goldenen Kugeln,
Und die treuen Moleküle
Suchen sich und lieben sich noch immer.
Die vergessene Liebe erwacht,
Die Vergangenheit wird vage wieder lebendig,
Die Blume auf den roten Lippen
Atmet und erkennt sich selbst.
Im Perlmutt, wo das Lachen glänzt,
Die Perle sieht ihre Weiße wieder
Auf der Haut eines jungen Mädchens,
Der bewegte Marmor spürt ihre Frische.
Die Ringeltaube findet eine sanfte Stimme,
Echo ihres Seufzens,
Jeder Widerstand schwindet,
Und der Unbekannte wird zum Liebhaber.
Ihr, vor denen ich brenne und zittere,
welche Flut, welcher Giebel, welcher Rosenstrauch,
welche Kuppel hat uns zusammengebracht,
Perle oder Marmor, Blume oder Ringeltaube?”
Théophile Gautier - Émaux et Camées
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